Eine Kaffeewasser-Geschichte zum Thema Alter und Beruf

Eine Kaffeewasser-Geschichte zum Thema Alter und Beruf

Die Schwierigkeiten die älteren Arbeitnehmenden im Berufsleben widerfahren können, wurden mir als ca. 30-Jähriger eindrücklich vor Augen geführt.
Ich diskutierte damals mit einem erfahrenen Konstrukteur eine Werkzeug-Konstruktion. Nach der Besprechung wollten wir noch einen Kaffee miteinander trinken.
Der Konstrukteur ging zum Kaffeeautomat und sah, dass es kein Wasser hatte und teilte mir mit, dass er für uns schnell Wasser organisieren würde.
Dafür musste er durch einen etwas längeren Gang, der an mehreren Büros vorbeiführte, laufen um den Wassertank mit frischem Wasser füllen zu können.
Nach ca. 20 Minuten kam er konsterniert und sichtlich verwirrt zurück. Ich fragte ihn: «Warst Du bei den Niagara-Fällen das Wasser holen?»
Er erzählte mir, dass er den Gang vorging. Die Tür zur Geschäftsleitung war nur angelehnt so dass ein GL-Mitglied ihn zufällig mit dem Wassertank vorbeilaufen sah und rief ihn daraufhin spontan zu: „Dies trifft sich gerade sehr gut, komm doch kurz zu uns herein.“
Danach wurde ihm unumwunden mit knappen Worten mitgeteilt, dass er ja über 58 Jahre alt sei und dass sie das Projekt «Frisches Blut» gestartet hätten und dass sie allen Angestellten die 58 oder älter sind, künden würden. Es sei somit auch nichts Persönliches.
Diese Begebenheit hat mich bewegt und ich suchte deswegen, zu einem späteren Zeitpunkt, das Gespräch mit dem Konzerninhaber.
Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass ein solcher Umgang für die betroffenen Personen doch sehr hart sei.
Kurz zusammengefasst meinte er, dass es in der Schweiz doch vorteilhaft wäre, dass man relativ unkompliziert, unter Vorgabe von Umstrukturierungen und dergleichen, Mitarbeitenden künden könne. In Deutschland sei dies mit den Gewerkschaften eine ganz andere Ausgangslage und äusserst mühsam für den Arbeitgeber. Diesen Wettbewerbsvorteil gilt es entsprechend zu nutzen.
Diese 1:1 – Erfahrung welche Motive bei ihm für dieses Vorgehen vorgeherrscht haben, waren für mich fast ebenso schlimm wie die einleitende Begebenheit.
Dass diese Geschichte nicht als besonderer Einzelfall gewertet werden konnte, sondern eher zum allgemeinen Gedankengut zu zählen scheint, zeigte mir das nachfolgende Erlebnis auf:
Einige Jahre später war ich an einer pädagogischen Weiterbildung. Im Gespräch mit dem Kursleiter erzählte er mir, dass er einen Kommunikations-Kurs für HR-Führungsleute aus verschiedenen Standorten eines Konzerns durchführen durfte. An ihren generellen Konzern-Besprechungen fungierte er u.a. als Beobachter. Ein Hauptthema des Konzerns war die Workshop-Zielsetzung „Wie bringen wir mit möglichst wenig Kollateralschaden, Aufwand und Aufsehen die älteren Arbeitnehmenden aus den Unternehmungen?“ Das Thema wurde von den HR-Verantwortlichen motiviert und rege diskutiert. Mein Kursleiter wurde dann im grossen Plenum auch zu seinen generellen Eindrücken befragt. Immerhin löste seine Antwort bzgl. ihres Workshops betretenes Schweigen bei den Anwesenden aus. Sein Feedback war: «Das Durchschnittsalter von euch HR-Leuten schätze ich auf ca. 35 Jahre und muss leite daraus ab, dass sie entweder a) davon ausgehen, dass sie spätestens nach 55 Jahren nicht mehr arbeiten müssen oder b) nicht mehr leben. Anders kann ich mir momentan nicht erklären, wie sie so proaktiv an solchen Plänen für ihre älteren Mitarbeitenden arbeiten können.» Mit der Abb. 1 fasse ich kurz zusammen zu welcher neuen Denkhaltung und Strategie mich diese Erlebnisse bewogen hatten.

Schlussbemerkung:
Ist das Thema Alter und Beruf zu traumatisch um es ursächlich anzugehen?


Abb. 1: Der geschilderte „Kaffee-Vorfall“ war sicherlich ein Trigger für mich, sich nicht zur auf seinen Arbeitgeber zu verlassen.
Denn bildlich und physikalisch gesprochen, handelt es sich bei einem ANSTELLUNGS-Verhältnis (z.B. ein Brett an eine Mauer anstellen) um einen statisch unstabilen Zustand, so dass es, denke ich, zielführender wäre, selber stabilere Verhältnisse für sich zu erschaffen.

No Comments

Post A Comment