Lieber tot als Zweiter

Lieber tot als Zweiter

a) Problemstellung und Situationsanalyse
„Wer hart arbeitet, hat Erfolg“, lautet das Versprechen der Moderne.
„Leistung macht den Erfolg“, lautet das Credo der High Performer.
Ende Oktober 2022 hat Elon Musk den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen. Seine erste Amtshandlung bestand darin, rund die Hälfte der über 7000 Beschäftigten zu entlassen, unter ihnen die meisten Topmanager. Kurz darauf schrieb er allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine E-Mail und stellte sie vor ein Ultimatum: Entweder, sie seien bereit, extrem hart zu arbeiten und lange Arbeitszeiten in Kauf zu nehmen – oder sie sollten das Unternehmen verlassen.
In unserer Familien-DNA hat sich sogar der Glaubenssatz „Lieber tot als Zweiter“ imprägniert. Vgl. bitte Abb. 1.


Abb. 1: Auszug aus der Basler Zeitung „Der Düsentrieb der Schweizer Plastikbranche“ von Daniel Wahl.


Abb. 2: Auszug aus der Basler Zeitung „Der Düsentrieb der Schweizer Plastikbranche“ von Daniel Wahl.
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b) Was ist Konditionierung?

Eine Annäherung:
Hunde, die in Zwingern leben, beginnen zu geifern, sobald sie die Schritte ihres Herrchens hören. Sie produzieren Verdauungssäfte, obwohl noch gar kein Futter in Sicht ist. Auf dieser Beobachtung fussten die Forschungen des russischen Mediziners Iwan Petrowitsch Pawlow, deren Ergebnis wir heute unter dem Begriff der klassischen Konditionierung kennen. Pawlow wies nach, dass die Hunde darum geifern, weil sie wissen, dass die nahenden Schritte den Eimer mit Futter ankündigen.
Die grossen Studios wie Disney und Sony verkaufen ihr Publikum für dumm: Sie locken uns in die Kinos mit grossen epischen Werken, die in der Regel nichts mehr mit guter Unterhaltung, sondern nur noch mit Kalkül zu tun haben. Und machen dabei Kasse.

c) Diskussion
Bei mir dauerte es seine Zeit die „Lieber tot als Zweiter“ – Konditionierung überhaupt zu erkennen.
Danach stellte sich die Frage wie zielführend diese „Imprägnierung“ wirklich ist.
Eine mögliche Antwort, dass der Kollataralschaden womöglich höher als der Nutzen ist, liefert Gaur Gopal Das.
Vgl. bitte Abb. 2.

Abb. 2: Zitat von Gaur Gopal Das.

d) Mögliche Lösung
Raus aus der Teufelskreis-Ökonomie

„Die neue Leitfrage lautet: Wie viel Markt und Wettbewerb sind zur bestmöglichen Lösung unserer sozio­ökonomischen Probleme angemessen? Welche Probleme sind effektiver (qualitativ besser) und effizienter (mit besserem Kosten-Nutzen-Verhältnis) lösbar ohne den Umweg über den Markt, also in familiärer oder gemeinschaftlicher Selbst­versorgung?

Wer so fragt, interessiert sich für den sachdienlichen Stellenwert der Markt­wirtschaft in unserem Leben. Je nach den Ergebnissen der Analyse eines Problem­felds wird dann nicht immer nur die Ausweitung («Liberalisierung») des Marktes samt der Intensivierung des Wettbewerbs als ökonomisch rational gelten.

Stattdessen kann nun die konsequentere Einbettung und Einbindung der Markt­kräfte in die Gesellschaft, in der wir leben möchten, als Ausdruck vernünftigen Wirtschaftens beurteilt und von Wirtschafts­experten empfohlen werden, samt einer diesem Leitbild angemessenen sozial­staatlichen Daseins­vorsorge. Es steht dann nicht mehr von vornherein fest, ob Ökonomen in ihrer einfluss­reichen Rolle als Politik­berater für mehr Markt und Wettbewerb oder aber – bis anhin kaum denkbar – für deren problem­bezogene Einschränkung argumentieren werden.

Es geht dabei nicht etwa um die pauschale Abschaffung der Markt­wirtschaft, sondern um ihre Beschränkung auf jene Bereiche, in denen ihre dezentrale Koordinations­leistung lebens­praktisch wirklich vorteilhaft ist. Dabei sollte die Wirkungs­macht der Markt­kräfte stets zielbezogen dosiert werden. Weniger (statt immer nur mehr) Markt und Wettbewerb lässt sich je nach Problemlage als potenziell vernünftig erachten.

Was in der verengten Logik der orthodoxen Ökonomie tabu war, wird endlich aussprechbar!“

Quelle: Republik. Raus aus der Teufelskreis-Ökonomie. Warum die Wirtschafts­wissenschaften einen umfassenderen Begriff von Arbeit benötigen. Weshalb mehr Markt nicht immer die richtige Antwort ist – und manchmal genau die falsche. Von Peter Ulrich und Werner Vontobel, 02.01.2023. Link

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