Immer wieder zeigen Meldungen die dramatischen Folgen von Hygienefehlern in medizinischen Einrichtungen: Patienten holen sich Zusatz-Infektionen, die sich bei multiresistenten Keimen kaum behandeln lassen. Das Problem ist bekannt, doch bis jetzt fehlten wirkungsvolle Gegenmassnahmen. Das interdisziplinäre Team der drei Wissenschaftler Lars Rominger, Dr. Vladimir Purghart und Dr. Nadja Bänziger hat nun eine Kunststoff-Lösung mit Signalwirkung zum Auftragen entwickelt: 4DC – For Desinfection Control. Die Substanz lässt sich übrigens auch in Materialien wie Einmalhandschuhe einarbeiten und zeigt, wann diese verkeimt und damit auszutauschen sind.
Schockierende Meldungen aus medizinischen Einrichtungen zeigen: Immer wieder kommt es zu Hygienefehlern, die für manchen Patienten sogar tödlich enden. Denn Infektionen mit multiresistenten Keimen lassen sich kaum behandeln. Jetzt gibt es einen Weg aus der Falle: Das interdisziplinäres Team der drei Wissenschaftler Lars Rominger, Dr. Vladimir Purghart und Dr. Nadja Bänziger hat eine Kunststoff-Lösung mit Signalwirkung zum Auftragen entwickelt: 4DC – For Desinfection Control.
Bisher fehlte ein einfacher, schneller Nachweis als Indikator für eine durchgeführte bzw. fehlende Desinfektion. 4DC setzt an diesem Punkt an und verknüpft ein visuelles Signal mit einer Handlungsaufforderung. Eine Fläche wird mit der Lösung bestrichen – oder diese in ein Material wie z. B. Einmalhandschuhe eingearbeitet. Lässt die Wirkung der Desinfektion nach, verfärbt sich die Fläche. Medizinisches Fachpersonal oder Reinigungskräfte können sofort erkennen, wo Dreck und Erreger lauern.
Von ebensolcher Bedeutung ist das Mikroben-Thema in der Industrie, wie zum Beispiel in der Medizinaltechnik. Auch in diesem Bereich kann sich kein Unternehmen Kontaminationen leisten. Natürlich stellen Regelwerke, kundenspezifische Anforderungen, interne Vorgaben und Tests weitgehend sicher, dass die produzierten Materialien den nötigen Qualitätsstandard erfüllen, auch, was die Verkeimung durch Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze anbelangt. Es werden viele Massnahmen zur Reduktion der Keimbelastung getroffen. Dazu gehören Luftfiltration, Spezialbekleidung der Mitarbeiter, kostspielige Einhausungsprozesse oder festgelegte Reinigungs- und Desinfektionsintervalle. Dennoch passiert es häufig, dass die Erzeugnisse wegen zu großer Keimbelastung für die Endfreigabe gesperrt und vernichtet werden. Damit wandern weltweit Tag für Tag Millionen von Euro in den Abfall. Das ist eine Menge Geld, das sicher besser eingesetzt werden könnte.
Sind die Regularien ungenügend? Oder greifen getroffene Massnahmen gut genug? Wissenschafts-Teammitglied und Chef der Rominger Kunststofftechnik GmbH, Lars Rominger, meint: „Der Mensch als grosses Keimreservoir birgt die meisten Risiken – sei es durch Unachtsamkeit, fehlendes Wissen, Vergesslichkeit oder einfach nur, weil der Hygiene zu wenig Beachtung geschenkt wird“. Dies bedeutet unter dem Strich, dass die mikrobiologische Qualität dort massgeblich ist, wo Produkte und Prozesse für Menschen zugänglich gehandhabt werden. Wenn in diesen Bereichen der Stellenwert der Reinigungen und Kontrollen zu gering ist, kann es sehr schnell zu folgenschweren Fehlern kommen.
Rominger: „Die Überprüfung des Sauberkeitsgrades von Reinräumen in der Kunststoffindustrie ist abhängig von der Klassifizierung. Oftmals geschieht dies durch die Partikelmessung in der Raumluft oder durch die bekannten Abklatschtests.“ Dies sei eine einfache Methode, die insgesamt jedoch zu lange dauere. Das Zwischenfazit der drei innovativen Köpfe war klar: Eine Lösung, die Desinfektionsbedarf im Handumdrehen sichtbar macht, musste her.
Die an der Innovation beteiligte Mikrobiologin Dr. Nadja Bänziger erklärt, wie genau es nach dieser Erkenntnis weiterging: „Unser Leben wird von einfachen Indikatoren mit klar verständlicher Signalwirkung begleitet. Wer kennt sie nicht, die kleine Warn-Lampe zum Nachfüllen von Salz an der Spülmaschine oder die roten Tablette zum Nachweis von Zahnbelag?“ Bänziger unterstreicht, es sei naheliegend gewesen, ein Produkt zu entwickeln, das aufzeige ob ein Kontakt mit einem Desinfektionsmittel bestünde oder nicht: „Das 4DC-Projekt war geboren.“
Der Chemiker Dr. Vladimir Purghart hat ebenfalls an der Entwicklung des Produkts mitgewirkt. Er schildert wichtige Vorüberlegungen: „Wir gingen von der späteren Verwendung aus. Als Desinfektionsmittel werden häufig Ethanol oder Isopropanol eingesetzt. Man müsste also nachweisen können, wo damit desinfiziert wurde oder nicht.“ Der Gedankensprung zu den im Jahre 1953 von der Firma Dräger entwickelten Alkoholtest-Blasröhrchen sei nicht weit gewesen. „Da wird die Atemluft durch ein Röhrchen geführt, welches mit Kieselgel gefüllt ist. Dieses wiederum ist mit Kaliumdichromat und Schwefelsäure belegt.“ Komme die ethanolhaltige Atemluft mit dieser Oberfläche in Berührung, werde der Alkohol zu Acetaldehyd oxidiert. Das orangefarbige Kaliumdichromat reagiere bei dieser Reaktion zu dunkelgrünem Chrom(III)-sulfat. Purghart: „Bei alkoholhaltigem Atem zeigt sich deshalb ein deutlich erkennbarer Umschlag von leuchtendem Orange zu dunklen Grün.“ So weit, so gut – und eigentlich eine Basis für die Innovation. Doch der Chemiker betont, es gebe Einschränkungen: „Leider ist die Schwefelsäure eine der stärksten anorganischen Säuren und entsprechend ätzend. Gerade die Toxizität und Kanzerogenität der Chromatverbindung muss berücksichtigt werden – insbesondere in medizinischen Kontexten.“
Purghart erläutert, es gebe noch weitere ähnliche Verbindungen, die mit Ethanol einen Farbumschlag ergäben, doch: „Die meisten von ihnen sind entweder toxisch oder brauchen für die Reaktion mit Ethanol Zusatzstoffe bzw. Katalysatoren, die bedenklich sind.“ Also setzten sich die Experten noch einmal zusammen, um nach einer anderen Verbindung zu suchen. Sie wurden fündig: für das im Entwicklungsprozess befindlichen Produkt „4DC“ wird eine Zusammensetzung eingesetzt, die in der angewandten Menge und Form unbedenklich ist.
Um dieses Prinzip umzusetzen, fügte das Team einer Applikationslösung (zum Beispiel ein auftragbarer Leim) einen Indikator bei. Dieser fungiert als Signalfarbe, ähnlich wie bei einem pH-Indikator. „Die Ausgangsfarbe für unbehandelte Bereiche ist dann beispielsweise Grün. Das Desinfektionsmittel führt zu einer chemischen Veränderung, so dass der Indikator dann etwa zu Blau wechselt“, erläutert die Mikrobiologin. Nach einer Weile lasse die Wirkung des Desinfektionsmittels nach. „Der Indikator wird wieder rot. So ist auf einen Blick zu erkennen, wo der Steril-Schutz erneuert werden muss.“
Bänziger schildert die Hoffnung, die das Entwickler-Team mit der Erfindung verbindet: „Durch die sofortige Sichtbarkeit von Hygienemängeln kann eine entscheidende Verbesserung erzielt werden.“ Nun sucht die Rominger Kunststofftechnik GmbH Investoren oder Patent-Lizenznehmer, die die Idee angepasst an ihre eigenen Angebote verwirklichen. Bänziger: „Wir denken an Hersteller von Desinfektionsmitteln, von Reinraumhandschuhen, oder Chemiekonzerne. Gefragt sind innovative Unternehmen, die Produkte oder Leistungen rund um Sauberkeit und Hygiene anbieten.“
Weitere Infos siehe bitte Fachpresse:
Pressebeitrag „4 DC“ in der KunststoffXtra (Link)
Indikator zeigt, wo der Spitalkäfer noch gedeihen kann. medizin&technik. (Link)