10 Apr Spannender Polit- und Schul-Talk mit Fridolin Bossard, Gemeindepräsident und Betriebsleiter der Bossard Schule Unterägeri
Fridolin Bossard, Dr. rer. publ. HSG
Fridolin Bossard ist Gemeindepräsident der Einwohnergemeinde Unterägeri, Vorsteher Bau (bis 2021 Vorsteher Sicherheit und Dienste) sowie Mitglied der Geschäftsleitung und Betriebsleiter der Bossard Schule. Darüber hinaus ist er im Stiftungsrat der Hürlimann-Wyss-Stiftung (Kulturstiftung) Zug, Präsident des Ägerital-Sattel Tourismus Oberägeri sowie Vorstandsmitglied und Kassier bei der FDP Unterägeri.
Abb. 1: Im Cafe Brändle in Unterägeri mit dem überzeugenden Fridolin Bossard, Gemeindepräsident Unterägeri und Betriebsleiter der Bossard Schule, Unterägeri.
Prolog:
Ich lernte Fridolin Bossard im Januar 2023 an einem Referat in Unterägeri persönlich kennen.
Von seinem Referat war ich derart angetan, dass ich mich spontan dazu entschloss, mehr über ihn in Erfahrung zu bringen. Schnell merkte ich, dass uns nebst Pädagogik und Politik auch Aegeri selbst verbindet, denn ich bin zwar in Menzingen aufgewachsen, war jedoch während meiner Aktivzeit als Radrennfahrer im Veloclub Aegeri und bin mehr als 35 Jahre später dem Rotary Club Aegeri-Menzingen beigetreten. Summa: Auch ich bin, nebst Menzinger, auch ein waschechter und stolzer Aegerer.
Bei Fridolin spürt man seine starke Verbundenheit mit dem Aegerital. Dazu beigetragen hat bestimmt auch die Bossard-Schule in Unterägeri. Eine Schule mit einer grossen Geschichte und die über eine lange Tradition verfügt und eng mit der Familie Bossard verbunden ist.
Jetzt freue ich mich sehr auf das Interview.
Interview
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Lars Rominger:
Hast Du Dich heute schon um den Zustand des Aegeritals gesorgt?
Fridolin Bossard:
Nein, eigentlich nicht. Ich bin grundsätzlich sehr zuversichtlich für das Ägerital und bin jeden Tag dankbar, dass ich in dieser wunderschönen Umgebung leben und arbeiten darf. Das heisst nicht, dass es nichts zu tun gäbe. Wir müssen sicherstellen, dass die Entwicklung des Ägeritals qualitätsvoll abläuft.
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Lars Rominger:
Du bist einerseits Gemeindepräsident von Unterägeri und andrerseits Betriebsleiter der Bossard Schule. Darüber hinaus bist Du noch im Stiftungsrat der Hürlimann-Wyss-Stiftung (Kulturstiftung) Zug, Präsident des Ägerital-Sattel Tourismus Oberägeri sowie Verwaltungsrat der Aegeriseeschifffahrt.
Konntest Du einen der letzten verfügbaren Fluxkompensatoren ergattern können um dies alles gemeinsam stemmen zu können?
Abb. 2: Der Fluxkompensator wurde von Dr. “Doc” Emmett L. Brown (Back to the Future) erfunden.
Mehr Infos zum Fluxkompensator (Link)
Fridolin Bossard:
Zudem bin ich auch noch Ehemann und Vater von zwei kleinen Kindern… Ich habe gerne gleichzeitig verschiedene Projekte am Laufen. Das finde ich stimulierend. Ich arbeite auch gerne. Deshalb machen mir lange Arbeitstage nichts aus. Wichtig ist, dass man die vorhandene Arbeitszeit möglichst strukturiert und effizient einsetzt. Es hilft auch, dass sich mein Aktivitätsradius aktuell auf das Ägerital und vielleicht noch die Stadt Zug beschränkt. So profitiere ich von kurzen Wegen.
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Lars Rominger:
Gibt es für die nachfolgenden zwei Fragen eine Schnittmenge bzw. eine gemeinsame Übereinstimmung?
– Welche Eigenschaft ist die wichtigste für eine/n PolitikerIn?
– Welche Eigenschaft ist die wichtigste für eine/n SchulleiterIn?
Fridolin Bossard:
Man muss die Menschen/Kinder gernhaben.
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Abb. 3: Fridolin Bossard wirkte im Film „Wo Kinder spielten“ als einer der drei Protagonisten. (Link zum Film)
Der Film gibt einen sehr guten Einblick in die Bossard Schule und deren Familiengeschichte.
Wo Kinder spielten – Vermächtnis und Verantwortung, eine Talgeschichte. Ein Film von Claudia Steiner
75 Min, 2022. Ein Dokumentarfilm zeigt die interessante Geschichte mit den Kinderkuren von früher, die Entwicklung von den Dörfern und Veränderung durch die zugegzogenen Reichen. (Karin Portmann, Regionaljournal Radio SRG)
Der Film mahnt zu einem achtsamen Umgang mit dem, was initiative Vorfahren einst aufgebaut haben. (Geri Krebs, Filmkritiker)
Ein Film über das Ägerital, dessen Bedeutung weit über dieses hinausgeht. (Luzerner Zeitung online, Zuger Zeitung, Marco Morosoli)
Wo einst Kinder spielten, wird heute gewohnt. Der Wandel bewegt und lässt sich auch auf andere Dörfer und Gemeinschaften übertragen. (Bote der Urschweiz, Silvia Camenzind)
Ein Film über die Gegenwart für die Zukunft. (Einsiedler Anzeiger)
Produktion und Verleih: doCfilm GmbH © docfilm.ch
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Lars Rominger:
An wen richtet sich die Bossard-Schule?
Fridolin Bossard:
Die Bossard Schule richtet sich an Kinder mit Schwierigkeiten im Verhalten, in der Sprache oder mit anderen Lernschwierigkeiten. Gemeinsam mit unseren rund 35 Mitarbeitenden schaffen wir ein Umfeld, wo sich diese Kinder persönlich, schulisch und sozial entwickeln können und so in ihrer Situation weiterkommen. Als Sonderschule können Eltern ihre Kinder nicht direkt an unsere Schule schicken, sondern sie werden von behördlichen Stellen (z.B. Schulpsychologischer Dienst) nach einer sorgfältigen Abklärung eingewiesen.
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Lars Rominger:
Du bist an der Bossard-Schule in der Geschäftsleitung und Betriebsleiter.
Ist die Funktion «Betriebsleiter» mit der eines Rektors vergleichbar bzw. gleichzusetzen?
Fridolin Bossard:
Nein, die Rolle des Rektorin, übt meine Schwester, Laura Bossard, aus. Sie hat die Gesamtleitung und ist für alle pädagogischen Fragen zuständig. Als Betriebsleiter kümmere ich mich um alle anderen Aspekte, damit der Betrieb läuft: Personal, Administration, Infrastruktur, Finanzen, Bauen & Liegenschaften etc.
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Abb. 4: Die Bossard-Schule. Eine Schule mit grosser Geschichte.
Die Bossard Schule hat eine lange Tradition und ist eng mit der Familie Bossard verbunden. Sie wird heute von Familienmitgliedern der vierten Generation geleitet. Die Schule hat ihre Wurzeln in der Medizin (Kinderheilstätten) und im Tourismus (Internationaler Ferienbetrieb). Aus den Ursprüngen um 1900 ist eine spezialisierte Schule gewachsen, die ihr persönliches Gesicht bis heute bewahrt hat. Anfang der 1880er Jahre verbringt der bekannte Arzt Dr. med. Josef Hürlimann im „Rigi-Klösterli“ einen Kuraufenthalt. Dort „kam ihm, inmitten der Kurgesellschaft, welche sich in ihrer Ruhe durch die lärmenden Kinder oft gestört sah, der glückliche Gedanke, sein Haus in Aegeri für eine Kuranstalt für Kinder einzurichten“ (Dr. Hess, Dr. med. Josef Hürlimann, 1911). Am 1. Mai 1881 eröffnete Dr. Hürlimann seine „Kinderkuranstalt am Aegerisee“. In kurzer Zeit war die Nachfrage sehr gross. Im Jubliäumsjahr des 120jährigen Bestehens durfte die Institution am 09. März 2016 den Doron Preis 2016 in Empfang nehmen. Diese Auszeichnung bedeutet für die Bossard-Schule zum einen eine grosse Wertschätzung ihrer Arbeit zum anderen aber auch Motivation und Verpflichtung, sich auch in Zukunft nach Kräften für ihre Schülerinnen und Schüler einzusetzen.
Bildquelle: https://www.bossard-schule.ch/
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Lars Rominger
Aus den «Chroniken» der Bossard-Schulen entnehme ich, dass 1953 das Privatkinderheim Drs. med. Bossard den ersten Convoi (reservierte SBB Wagons) zwischen Paris und Zürich für die Reise der französischen Gäste organisierte. Bis 1978 werden an Weihnachten, Ostern und im Sommer jeweils zwei Convois à 30 – 100 Kinder durchgeführt. Neben den Franzosen kommen die Feriengäste aus dem restlichen Europa, Süd- und Nordamerika, Afrika, Asien (Japan, Vietnam) sowie Australien und lösen die Kuranten allmählich ab.
Ist die Bossard-Schule heute auch noch so international aufgestellt?
Fridolin Bossard:
Nein, heute stammen 50% der Schülerinnen und Schüler aus dem Kanton Zug. Die anderen verteilen sich auf die umliegenden Kantone. Wir sind mittlerweile eine spezialisierte Schule für Kinder mit spezifischem Förderbedarf. Die Zeiten des Kur- und Ferienbetriebs sind definitiv vorbei.
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Lars Rominger:
Welches Buch liest Du momentan?
Fridolin Bossard:
The long game, Memoiren von Senator Mitch McConnell, Minderheitsführer im US-Senat.
Abb. 5: The Long Game. A Memoir.
Autor: Mitch McConnell
Erscheinungsdatum: 03.12.2019 (Taschenbuch)
Verlag: Penguin Putnam Inc
Seitenzahl: 256
Sprache: Englisch
ISBN: 978-0-399-56411-6
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Lars Rominger:
Welches Zitat möchtest Du uns noch auf den Weg geben?
Fridolin Bossard:
Ich bin nicht unbedingt ein Freund von Zitaten, aber als Politiker versuche ich mir Winston Churchill zu Herzen zu nehmen:
«Criticism may not be agreeable, but it is necessary. It fulfils the same function as pain in the human body; it calls attention to the development of an unhealthy state of things.»
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Herzlichen Dank für das höchst lehrreiche und wertvolle Gespräch!
Lars Rominger im April 2023
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