28 Aug Zuger Start-up mit innovativem Sturzmelder
Intelligente Technik unterstützt autonomes Leben im Alter
Mit einer Innovation hat vor Kurzem ein Zuger Unternehmen auf sich aufmerksam gemacht. Ihre Entwicklung: ein kontaktloser und intelligenter Sturzmelder, der den Unterschied zwischen einer Yogaübung, einer herumspringenden Katze und einem Sturzereignis versteht.
Jährlich stürzen weltweit über 16,4 Millionen Menschen in Wohneinrichtungen, die anschliessend eine medizinische Versorgung brauchen. 82 Prozent der Stürze älterer Menschen ereignen sich, wenn sie allein sind und mehr als 50 Prozent von ihnen sind nicht in der Lage, nach einem Sturzereignis selbst aufzustehen. Obwohl die Mehrheit der älteren Menschen ein Notrufsystem besitzt, wird es nicht genutzt – Bewusstlosigkeit oder die Unfähigkeit, den Alarm zu aktivieren, sind die Hauptgründe dafür.
Selbstlernendes System
Auf dem Boden liegen kann zu ernsthaften Komplikationen wie Druckgeschwüren, Rhabdomyolyse, Lungenentzündung, Unterkühlung, Dehydrierung und sogar zum Tod führen. Es ist essenziell, nach einem Sturzereignis rasch zu intervenieren, um ernsthafte gesundheitliche Komplikationen zu vermeiden.
Dazu hat die Sedimentum AG, ein Healthcare Start-up aus Cham, einen intelligenten Sturzmelder entwickelt. Dieser basiert auf künstlicher Intelligenz und macht eine Kalibrierung oder manuelle Eingaben überflüssig. Das selbstlernende System adaptiert sich sofort an den Raum und erkennt Sturzereignisse umgehend. Der Sensor fordert dann kontaktlos und ohne jegliche Interaktion Hilfe an. Der Installationsaufwand ist vergleichbar mit jenem einer Lampe. Bei bestehender Strom- und Internetverbindung ist die Lösung sofort einsatzbereit.
Sturzmelder wie ein Brandmelder
In den Räumlichkeiten der schutzbedürftigen Person wird jeweils ein einzelner Sturzmelder an der Zimmerdecke angebracht. Der Sturzmelder macht kontaktlos diverse Messungen wie beispielsweise von Bewegungsaktivitätswerten. Sämtliche Daten werden vom Sturzmelder verschlüsselt, anonymisiert und in Echtzeit an die KI-Software (künstliche Intelligenz) von Sedimentum übermittelt.
Die KI-Software erlernt basierend auf den übermittelten Daten den «physischen» Referenzzustand der jeweiligen Räumlichkeit. Tritt im Anschluss eine Unregelmässigkeit in den Daten auf, beispielsweise ausgelöst durch ein Sturzereignis, wird in Echtzeit ein Alarm zu Händen von Dritten (etwa Pflegepersonal oder Angehörige) ausgelöst.
«Wir wollen den Schweizer Gesundheitsmarkt erobern, neue Kunden gewinnen und das Leben in den eigenen vier Wänden sicherer und autonomer machen», sagt COO Eugenie Nicoud. «Unsere Vision ist es, das Leben von Tausenden schutzbedürftigen Personen – komplett automatisiert! – sicherer zu machen. Unsere passive Sturzerkennung mit dem Schwerpunkt auf Privatsphäre unterstützt und entlastet das Pflegepersonal und Angehörige von sturzgefährdeten Personen.»
Datenschutz als Innovationstreiber
Die Innovation stammt aus dem psychiatrischen Umfeld mit einer hohen Sensibilisierung für den Datenschutz. Die Anforderungen an die Privatsphäre und den Datenschutz sind im Gesundheitswesen sehr hoch. Dazu hat das Start-up ein Datenanonymisierungsverfahren entwickelt, welches zum Patent angemeldet wird. Dank dieser Innovation soll eine vollständig anonymisierte Bearbeitung der Daten gewährleistet werden können.
«Diese Innovation ist ein Mehrwert für unsere Kunden und ein Gamechanger für den Gesundheitsmarkt», meint CEO und Co-Founder Sandro Cilurzo. Der Sturzsensor schütze schutzbedürftige Personen nicht nur physisch, sondern zusätzlich auch deren besonders schützenswerte Daten.
Vom Technologie Forum Zug ausgezeichnet
Dieses Jahr hat das Unternehmen in einer überzeichneten Finanzierungsrunde 2,1 Millionen Franken an neuem Kapital beschaffen können. So konnten zehn Vollzeitstellen geschaffen werden, mit denen die Expansion beschleunigt werden soll. Ausserdem hat man den Verwaltungsrat verstärkt.
Das Innovationsprojekt wurde vom Technologie Forum Zug (tfz) unter Dutzenden Bewerbungen in die Finalistenrunde für den Zuger Jungunternehmerpreis 2020 gewählt. Das tfz ist ein Drittpartner der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zug und fördert durch Vernetzung und Wissenstransfer im Industriesektor die Innovations- und Technologieentwicklung im Wirtschaftsraum Zug.
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